Watzke: „Ich verstehe, wenn es andere Meinungen gibt“

 

Erst eine siebenstündige Mitgliederversammlung am Sonntag, tags darauf dann eine mehr als sechsstündige Aktionärsversammlung: Bei Borussia Dortmund gab es in diesem Herbst reichlich Redebedarf. Im Zentrum: Die Sponsoring-Partnerschaft mit Rheinmetall.

BVB-Geschäftsführung reagiert auf Kritik am Rheinmetall-Sponsoring

Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich bei Aktionärsversammlungen der Borussia Dortmund GmbH und Co. KGaA Aktionärsvertreter und Kleinaktionäre zu Wort melden. Meist geht es dabei um die sportliche Situation, um die Nachhaltigkeitsbemühungen des Klubs oder die Ausschüttung einer Dividende. In diesem Jahr allerdings gab es ein außersportliches, sehr ernstes Thema, dass am Montag zu einer Vielzahl an Wortbeiträgen führte: Die Sponsoring-Partnerschaft mit dem Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall, die bereits auf der Mitgliederversammlung des eingetragenen Vereins am Sonntag zu inhaltlich tiefen, aber fair vorgetragenen Diskussionen geführt hatte. Erst nach sieben Stunde war die Versammlung zu Ende gegangen, am Montag dauerte auch die Aktionärsversammlung mehr als sechs Stunden.

„Rheinmetall verdient es nicht, diese Imagepolitur zu bekommen.“ (Dr. Barbara Happe vom Dachverband Kritische Aktionäre)

Insbesondere die Wortbeiträge von Dr. Barbara Happe vom Dachverband Kritische Aktionäre sowie von Alexander Lurz, der sich bei Greenpeace als Experte für Abrüstung engagiert, gingen dabei in die Tiefe. Beide kritisierten die Partnerschaft scharf: „Rheinmetall verdient es nicht, diese Imagepolitur von ihnen zu bekommen“, sagte Dr. Happe. Der Rüstungskonzern kenne „keine Skrupel bei der Aufrüstung von Despoten“. Sie beantrage, die Geschäftsführung nicht zu entlasten. Lurz konfrontierte die Geschäftsführung um den Vorsitzenden Hans-Joachim Watzke mit dem Werbeslogan „Low cost to kill“, den Rheinmetall bei einer Rüstungsmesse 2015 in Abu Dhabi verwendet habe. „Das ist ihr Geschäftspartner. Den haben sie sich freiwillig ausgesucht.“

BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer erwiderte, der BVB habe „ein gutes Recht, bestimmte Verträge abzuschließen“, sofern sich die Partner nicht unter anderem den Nachhaltigkeitskriterien des Klubs widersetzen würden. Das Sponsoring-Geschäft sei „nicht mehr ganz so einfach, wenn wir uns immer weiter kasteien und Branchen einschränken, dann wird es irgendwann schwierig, Sponsoren zu finden“. Die Kontaktaufnahme habe wechselseitig über einen längeren Zeitraum stattgefunden. Am Ende habe der Klub eine „Abwägungsentscheidung“ getroffen, wie es Hans-Joachim Watzke, Vorsitzender der Geschäftsführung des BVB erklärte – auch auf Basis von Rückmeldungen aus der Politik. „Alle Gremien haben signalisiert, dass sie das vertreten können. Aber ich verstehe, wenn es andere Meinungen gibt.“

Digitale Umfrage in 2025

Die Partnerschaft zwischen Rheinmetall und dem BVB war Ende Mai bekanntgeworden, nur wenige Tage vor dem Champions-League-Finale gegen Real Madrid. Der Vertrag hat eine Laufzeit von drei Jahren und bringt dem BVB jährlich eine hohe einstellige Millionensumme ein. Der Klub argumentierte damals unter anderem mit der Zeitenwende und dem russischen Einmarsch in die Ukraine, der die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Diskurses über die Wehrhaftigkeit der Demokratie nötig mache.

Doch diese Argumentation konnte nicht alle im Umfeld des BVB überzeugen: 556 der 855 Teilnehmenden bei der Mitgliederversammlung – und damit die Mehrheit – stimmten am Sonntag für einen Antrag, der die schnellstmögliche Beendigung der Partnerschaft einforderte. Rechtlich bindend ist dieser Antrag allerdings nicht. Watzke sagte zu Beginn der Aktionärsversammlung, er akzeptiere das Ergebnis, „aber ich wünsche mir, dass wir uns ein Meinungsbild einholen, wie unsere aktuell 218.000 Mitglieder das Ganze sehen“. Eine digitale Abstimmung soll im kommenden Jahr unter allen Mitgliedern durchgeführt werden. Cramer gab zudem bekannt, dass 195 Mitglieder in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rheinmetall-Partnerschaft aus dem Verein ausgetreten seien. Im gleichen Zeitraum seien allerdings 16.500 neue Mitglieder dazugekommen. Auch habe kein anderer Sponsor Abstand von seinem Engagement genommen. Mehr noch: Der Klub habe sich von allen Partner eine Unbedenklichkeitserklärung eingeholt, sagte Cramer.

 

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